Windeln

Windeln im Plastikwahn

„Windeln – Da gibt es doch wohl keine Frage. Die Einwegwindeln sind sowohl für Eltern (schnell, hygienisch) als auch für die Kinder (Bewege- und Tragekomfort) ohne Alternative. Ja, leider sind diese nun mal aus Plastik und die Umwelt leidet, dafür kaufen wir ja auch Biogemüse ein.“

Wenn wir ehrlich sind, denken doch viele – und auch wir – zunächst so. Doch dann kommt unser Verstand dazu und sagt: „Wenn so viele Menschen immerhin 5% aus der Reihe tanzen und mit Stoffwindeln wickeln, muss Du Dir die Argumente von beiden Seiten anschauen, dann kannst Du erst Deine Entscheidung begründen und schwimmst nicht nur einfach im Mainstream mit“

Die Fakten:

  1. Laut Bundesamt für Umwelt werden pro Tag in Deutschland mehr als 12 Millionen Einwegwindeln (Kinder) benutzt und weggeworfen[1]. Das sind pro Jahr 4.380.000.000 Windeln[2] oder ca. 1300 Tausend Tonnen Windelabfall (ohne Inhalt). Immerhin 10 % des gesamten Hausmüllaufkommens in Deutschland. Das ist der Skandal!
  2. Immerhin 5% der Kinder werden mit Stoffwindeln gewickelt, nach Schätzung des Umweltbundesamtes.
  3. Eine Stoffwindel ist nicht mehr das, was uns unsere Urgroßmütter benutzten. Es gibt inzwischen eine große Anzahl verschiedener Wickelsysteme, die aber alle die Wiederbenutzung ermöglichen. Hygiene? Keine Frage, mit modernen Waschmaschinen kann man gut bei 60° waschen.
  4. Wie steht es mit dem Umweltschutz, Energie, Gift, …
    1. Es gibt hierzu soweit ich recherchieren konnte keine aktuellere Studie als die große englische Studie aus dem Jahre 2008[3]. Diese kommt zu dem Schluss, dass Plastikwindeln in der Umwelt leicht weniger Spuren hinterlassen als Stoffwindelbenutzung. Allerdings konnte ich beim Lesen der Studie die zu Grunde liegenden Zahlen nicht verstehen. Man wird den Verdacht nicht los, dass hier eine Auftragsarbeit geleistet wurde. So sind die Zahlen der Windelbenutzung an der unteren Grenze (siehe Vergleich Umweltbundesamt) und die Waschmaschinenbenutzung hingegen ist über dem Maße. Es wird von alten B-Waschmaschinen ausgegangen, jeden Tag eine Waschmaschine mit Windeln, 90° Programm und e-Trockner.
    2. Somit wird deutlich, dass die Baumwollwindeln sehr viel besser abschneiden (einschließlich Produktionsbelastung) gegenüber Plastikwindeln, besonders, wenn die Windeln für mehrere Kinder benutzt werden, bzw. verschenkt werden.
    3. Was in der Studie nicht angesprochen wird sind die Giftbelastungen, die beim Verbrennen der Plastikwindeln entstehen. Sie werden zwar größtenteils herausgefiltert, aber es bleiben hochtoxischen Reste, die dann aufwendig bis in die Ewigkeit gelagert werden müssen.[4]
    4. In einer von mir in Auftrag gegeben Fallstudie (1 Kind, 3 köpfige Familie, Göttingen) wurde der Aufwand einer Mehrwegwindelbenutzung untersucht: 22 windel in einer Waschmaschine 1300 Watt, 58 l Wasser. Rechnerisch würden 22 Plastikwindel 22 x 50 Watt = 1100 Watt benötigen.[5] Die Kosten einschließlich Anschaffung bei 2,5 Jahre Laufzeit: ca. 350 Euro Baumwollwindeln und 500 Euro Plastikwindeln.
    5. Wie immer ist der Vergleich schwer. Insgesamt zeigt sich aber eine eher ausgewogene Bilanz.

Vorteile

  1. Stoffwindeln

Stoffwindel sind gut für die Haut. Die Belüftung ist besonders, wenn man Wollwindelhosen verwendet sehr viel besser. Man bekommt sofort mit wenn die windel voll ist – Geruch!

Das etwas dickere Wickeln fördert die orthopädische Richtigstellung der Beine.

Stoffwindeln sind kein Fremdkörper, der zwischen den Eltern und dem Kind steht.

Sie sind gut für unsere Umwelt und die Zukunft der Kinder.

Beispiel: https://www.sumobaby.com/

  1. Plastikwindel

Diese haben den Vorteil, dass sie besser zu transportieren sind.

Nachteile

  1. Stoffwindeln

Stoffwindeln müssen gewaschen und getrocknet werden. Das Waschmittel bestimmt man selbst.

  1. Plastikwindel

Muss man einkaufen

Enthalten Gifte

Zusammenfassung

Es ist klar, Stoffwindeln sind für unsere Umwelt, für unsere Kinder und für unsere Zukunft die bessere Alternative. Manchmal sind die Lebensumstände – keine Zeit, nur Stress, Omas und Opas, Krippe – so, dass man auf Plastikwindel ausweicht. Schade, aber wir arbeiten weiter an uns.

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Wenn ihr bis hierhin gelesen habt, dann werdet ihr euch über einen Tipp des Umweltbundesamtes genauso freuen wie ich mich. Das Umweltbundesamt erstellt gerade eine neue Studie und bezieht sich bisher auf folgenden Link: https://www.windelmanufaktur.com/de/stoffwindeln/nachhaltigkeit

Wirklich eine beachtenswerte Zusammenfassung der Windelmanufaktur und eine kluge Stellungnahme, auch wenn sie von einem Hersteller für Baumwollwindeln kommt.

[1] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/blauer-engel-jetzt-auch-fuer-windeln 23.2.2021

[2] Nach anderen Berechnungen werden pro Jahr in Deutschland 2.840.065.000-  in Worten 2 Milliarden 840 Millionen 65 Tausend  – Windeln in Deutschland eingesetzt, wenn alle Kinder mit Plastikwindeln gewickelt würden – bei 778.100 Geburten in 2019[2], 4 Windeln pro Tag, 2,5 Jahre bis ein Kind trocken ist und 365 Tage im Jahr. Das sind die Werte die eher konservativen Berechnungen für Einwegwindelverbrauch.

[3] https://www.gov.uk/government/publications/an-updated-lifecycle-assessment-for-disposable-and-reusable-nappies

[4] Siehe: 23.22021 https://youtu.be/pa0H4nbI4x4 

[5] Klar hier sind die Herstellungenergie der Baumwolle nicht miteinberechnet. Je mehr Kinder desto geringer ist der Energieaufwand pro Benutzung.